(OT: „What Happened to Monday?“, Regie:Tommy Wirkola, UK/USA/Belgien/Frankreich, 2017)
Nichts geht mehr: Nach Jahrzehnten ungebremster Vermehrung gibt es einfach zu viele Menschen für diesen Planeten. Um in Zukunft Kriege um die wertvollen Ressourcen zu vermeiden, haben sich Nicolette Cayman (Glenn Close) und ihre Behörde drastische Maßnahmen ausgedacht. Jeder darf nur noch ein Kind haben; wer gegen diese Regel verstößt, muss das zusätzliche Kind abgeben. Zwar versuchen die Familien den Zuwachs zu verheimlichen, die meisten werden jedoch früher oder später erwischt. Terrence (Willem Dafoe) ist einer der wenigen, denen es gelungen ist, das System auszutricksen. Bemerkenswert, wo er doch sieben Enkelinnen hat, um die er sich kümmern muss, nachdem die Mutter bei der Geburt verstarb. Da es sich aber um Siebenlinge handelt, die identisch aussehen, lässt er jeden Tag eines von ihnen nach außen, in der Hoffnung, dass niemand den Unterschied bemerkt. Das geht viele Jahre gut, Terrence ist inzwischen verstorben, die Mädchen zu jungen Frauen herangewachsen. Doch dann kommt Monday (Noomi Rapace) eines Tages nicht mehr nach Hause …
Dass das derzeitige weltweite Bevölkerungswachstum – demographische Entwicklung in westlichen Ländern zum Trotz – früher oder später zu einem Kollaps führen muss, dessen ist man sich durchaus bewusst. Aber wie darauf reagieren? China versuchte es eine ganze Weile mir einer Ein-Kind-Politik. Für die gab es jedoch diverse Ausnahmen, inzwischen wurde sie auch offiziell zu den Akten gelegt. Dennoch: Wenn in What Happened to Monday?ähnliche, wenn auch deutlich strengere Maßnahmen ausgeführt werden, dann braucht es nicht viel Fantasie, um sich ein solches Szenario auch in der Realität vorstellen zu können.
Reizvolles Gedankenspiel mit schöner Noir-Stimmung
Es ist jedoch weniger die dystopische Grundsituation, die für den Film spricht, sondern die Geschichte. Zumindest die anfängliche. Sieben Schwestern, die sich für eine Person ausgeben müssen: Das erinnert ein wenig an die gefeierte Serie Orphan Blackund gibt Anlass, ein wenig über Identitätsfragen nachzugrübeln. Und auch darüber, wie wir eigentlich mit der Überbevölkerung umgehen wollen. Dass die Idee von Siebenlingen ziemlich over the top ist, stört nicht weiter. Schließlich handelt es sich bei What Happened to Monday? (Alternativtitel: Was geschah am Montag?) nicht um eine akkurate Darstellung der Jetztsituation, sondern um ein überspitztes Gedankenspiel.
Das ist anfangs durchaus spannend, umso mehr, da der Plot mit klassischen Krimielementen versehen ist. Was genau passierte mit Monday? Weshalb ist sie nicht zurückgekommen? Und wie sucht man nach einem Menschen, den es offiziell ja gar nicht gibt? Die anfängliche Neugierde, vielleicht gar Begeisterung, macht bald jedoch einer ziemlichen Ernüchterung Platz. Denn eigentlich ist der Mysteryaspekt völlige Nebensache. Was an jenem schicksalshaften Montag geschehen ist, wird ziemlich früh klar. Wer auch nur ansatzweise aufpasst und mitdenkt, ahnt schon zur Hälfte des Films, worauf es hinausläuft.
Kopf aus, Waffe an
Die schön umgesetzte Noir-Stimmung wird dann auch schnell in die Tonne getreten. Stattdessen setzt Regisseur Tommy Wirkola (Hänsel und Gretel: Hexenjäger) in erster Linie auf Action. Sobald der Startschuss gefallen ist, verkommt What Happened to Monday?zu einem einzigen Überlebenskampf, zahlreiche Verfolgungsjagden inklusive. Die sind manchmal schön anzusehen, funktionieren aber bei dem Konzept der Geschichte schlecht. Eine eindeutige Protagonistin gibt es nicht. Zu wirklichen Persönlichkeiten sind die Schwestern auch nicht herangewachsen, selbst wenn Noomi Rapace (Prometheus – Dunkle Zeichen, Kind 44) sich sichtbare Mühe gibt. Aus Zuschauersicht ist es einem daher ziemlich egal, welche der Schwestern dabei ihr Leben verliert. Eine äußerst schlechte Voraussetzung, um Spannung zu erzeugen.
Und auch inhaltlich türmen sich im Laufe der zwei Stunden Mängel ohne Ende an. Die Geschichte selbst wird immer dümmer, verstrickt sich in Widersprüchen und ist dabei noch völlig frei von Überraschungen. Marwan Kenzarials später ins Spiel gebrachtes Love Interest Adrian Knowles bringt keine neuen Impulse ins Spiel. Ärgerlich ist zudem, dass es sich der Film zum Ende mal wieder wahnsinnig einfach macht. Dass die Ein-Kind-Politik, so grausam sie auch umgesetzt wurde, die Reaktion auf ein größeres Problem ist, wird einfach beiseitegewischt. Die Guten sind die, die einfach so viele Kinder haben, wie sie wollen, gleichgültig, welche Konsequenzen das für die Gesellschaft hat. Die Denkanstöße, welche What Happened to Monday?anfangs liefert, interessiert dann niemanden mehr, der Film ist stumpfes, nicht einmal besonders gutes Actionkino. Auch solche Filme haben natürlich ihre Berechtigung, bei dem Szenario und der originellen Krimiabwandlung wäre aber deutlich mehr drin gewesen als dieses Wegwerfprodukt.
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„What Happened to Monday?“ fängt mit einem stimmigen Szenario an, das gleichermaßen dystopisch wie realistisch ist. Die Denkanstöße und die reizvolle Krimigeschichte machen jedoch bald dumpfen Actioneinlagen Platz, die auch aufgrund der dünnen Persönlichkeiten kaum Spannung bieten. Schade um das verschenkte Potenzial.
5
von 10